1728-2003
Gemeindegründung und die ersten Pastoren
Die Geschichte der lutherischen Gemeinde auf der Wassilij Insel steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschichte St. Petersburgs und Russlands. Peter der Große hatte viele Ausländer nach Russland gerufen. Mit Hilfe ihrer Arbeit und ihrer Intelligenz sollte Russland zu einer europäischen Großmacht aufsteigen. Dank der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kenntnisse vieler Gemeindeglieder, ihrer kunsthandwerklichen Fähigkeiten, ihrer Heldentaten wurde Russland berühmt. Die eingewanderten Menschen fühlten sich bis zu ihrem Lebensende dem neuen Vaterland treu verbunden, das für sie zur zweiten Heimat geworden war.
Vor der Gründung St. Petersburgs war die „Wassilij Insel“ ein Wald- und Sumpfgelände mit einigen finnischen Fischerdörfern. Damals hieß die Insel auf Finnisch "Hirvisaari", d.h. "Elch-Insel". Auf Befehl des Zaren wurden auf der Insel die Gebäude der Ministerien, die Akademie der Wissenschaft, die Börse, der Hafen und das Zollamt gebaut. Für diese Einrichtungen benötigte man Spezialkenntnisse; meist arbeiteten hier Fachkräfte aus dem Ausland. Diese erhielten kostenlose Grundstücke und bauten darauf kleine Holzhäuser in der Nähe des Menschikow Palastes. Brücken über die Newa gab es damals noch nicht, deshalb war die Verbindung zum Festland schwierig. Im Herbst und im Frühjahr war die Insel von der übrigen Stadt abgeschnitten. Die lutherischen Petri- und Annenkirche befanden sich auf der gegenüberliegenden Seite des Ufers. Deshalb trennten sich die Lutheraner, die auf der Insel wohnten, von der Petri-Gemeinde und gründeten eine eigene Gemeinde. Dank der Bemühungen des Vizepräsidenten des Justizkollegiums, Simon Wolff, wurde ein Holzhaus an der 2.Linie gemietet und als Bethaus genutzt. (Heute befindet sich hier das Haus Nr. 17, in dem während der 90er Jahre W. Putin wohnte, als er der Stellvertreter des Oberbürgermeisters Sobtschack war).
Die nächste Sorge der Gemeinde war die Wahl eines Predigers. Einige Gemeindemitglieder hörten den Hausprediger der Generalin von Campenhausen, Ludolf Otto Trefurt (1700-1766). Man trug ihm die Stelle des Predigers der neu gegründeten Gemeinde an. Trefurt willigte ein. Nachdem er die Prüfungen bestanden hatte, wurde er ins Predigeramt eingeführt und hielt am 16. Juni 1728 seine Antrittspredigt. Gleichzeitig wurde an diesem Tag das Bethaus eingeweiht. Die Wahl des Predigers erwies sich als sehr glücklich, denn Trefurt war sowohl ein ausgezeichneter Prediger als auch ein gütiger Mensch. Die Mitgliederzahl der neuen Gemeinde wuchs ständig, die Menschen versuchten einander zu helfen, wo es notwendig war. Jeder Anfang ist schwer, den Gläubigen aber hilft der Herr. Durch die Liebe zu Gott überwand man die Schwierigkeiten. Im Jahre 1740 übernahm Trefurt das Amt des verstorbenen Pastors Severin in der Petrikirche.
Die Gemeinde wählte daraufhin Johann Giberti (1697-1759) zum neuen Pastor, der seit 1728 in der Gemeinde in Kronstadt tätig war. 1744 vergrößerte die Gemeinde ihr Kirchenhaus. Jetzt gab es genug Platz für die Einrichtung einer Kirchenschule. Leider machte die große Überschwemmung des Jahres 1753 eine aufwendige und kostspielige Reparatur des Gebäudes notwendig.
Im Jahre 1759 starb Pastor Giberti. Sein Nachfolger, der Prediger Conrad Stephan Meintel (1728-1764) übte sein Amt nicht lange aus; er starb mit 36 Jahren an Krebs.
Gründung des Lutherischen Friedhofs
Im Jahr 1748 schenkte Kaiserin Elisabeth den Kirchen auswärtiger Konfessionen in St. Petersburg ein Grundstück in einer weit abgelegenen Gegend der Wassilij Insel zum Bestatten ihrer Toten. Auf diesem Gelände gründete die Gemeinde St. Katharina den „Smolensker Lutherischen Friedhof“, der der Gemeinde bis 1919 überschrieben war. Wie die anderen lutherischen Friedhöfe in St. Petersburg zeichnete er sich durch seine gute Ordnung und Pflege besonders aus. Es sind hier nicht nur Lutheraner, die Pastoren und die Gemeindeglieder der St. Katharinen Gemeinde, bestattet, sondern auch Katholiken, Anglikaner und Orthodoxe. Unter ihnen finden sich die Namen vieler, die in ihrer zweiten Heimat Russland zu großer Berühmtheit gelangten, wie etwa
W. Struwe, ein Astronom und der Gründer des Pulkowo Observatoriums, sodann der Elektrotechniker B. Jacobi und der Bodenkundler W. Dokutschajew, auch der Direktor des Lyzeums in Zarskoje Selo, E.Engelhardt, sowie De Ribas, der Odessa gegründet hatte, und weiter der Architekt der Kirche "Erlöser-auf-dem-Blut", A.Parland, neben vielen anderen.
1919 wurde der Friedhof Staatseigentum. Damit begann die Geschichte seines Verfalls. Heute befindet er sich in einen beklagenswerten Zustand. Grabmale wurden zerstört, viele sind für immer verloren. Einen Teil des Friedhofs benützt die Feuerwehr, an die Grabreihen schließen sich Garagen an. Die Einzäunung ist demoliert und bietet keinen Schutz mehr. Die Bewohner der umliegenden Häuser führen ihre Hunde hier aus, Obdachlose übernachten im Sommer in den Grabgewölben, Grabmäler aus Metall sind gestohlen. Seit einigen Jahren bemüht sich die Gemeinde, nach besten Kräften, einige der Grabstätten zu pflegen. Aber den Friedhof wieder in einen geordneten und würdigen Zustand zu bringen, dafür fehlen Finanzmittel, Kräfte und Zeit.
Bau der St. Katharinen Kirche
(1733–1799) das Amt des Predigers an. Während seiner Amtszeit wurde die neue Kirche aus Stein gebaut. Damit erhielt die bis dato namenlose Gemeinde, die sich in einem Holzhaus traf, ein herrliches steinernes Kirchengebäude, das seit diesem Datum den Namen der Heiligen Katharina trägt.
Der Grundstein für die Kirche wurde am 22. Juni 1768 an der Ecke der 1.Linie und des Bolschoj-Prospektes gelegt. Der Hofarchitekt und Staatsrat, Mitglied des Kirchenvorstandes der St. Annen-Gemeinde, Johann Georg von Velten, erarbeitete unentgeltlich die Pläne für die Kirche, den Altar, die Kanzel und den Innenraum. Es wurde zügig gebaut, so dass bereits am 26.Januar 1771 die Kirche eingeweiht wurde und mit Zustimmung der Zarin den Namen „Catharinenkirche“ erhielt .Das Gebäude ist im Stil des frühen Klassizismus errichtet worden. Das rechteckige Gebäude ist 32 Meter lang (1903 wurde es auf 47 Meter verlängert), 17 Meter breit und im Innern 11 Meter hoch. Die äußere Höhe beträgt bis zum Kreuz 25 Meter. Ein dorisches Säulenportal und die Skulpturen der Apostel Petrus und Paulus schmücken die Straßenfront der Kirche. Altar, Kanzel und Säulen im Kirchensaal waren vergoldet. Über der Tür der Sakristei hing das Bild „Die gemalte Schlange“ von Grimmel, auf der gegenüberliegenden Seite sein Gemälde „Die Kreuzigung Jesu.“ Der Bau kostete rund 17.000, Rubel. Die Schulden in Höhe von 3.000, Rubel wurden durch den Nachlass des Kaufmanns Soenke gedeckt.
Die Kirche wurde mehrere Male umgebaut und ausgebessert, behielt jedoch ihr ursprüngliches Aussehen.
Das gesellschaftliche Engagement seit 1775
war der Autor einiger Werke über die Religionsfreiheit der Ausländer im Russischen Reich. Er behandelte dieses Thema auch in seinen Predigten. 1775 stiftete er eine „Gesellschaft für Sterbende und deren Angehörige“. Diese Gesellschaft stellte für die Gemeinde eine Quelle neuer Einkünfte dar. Kurz vor seinem Tod wurde Grot zum Propst des Petersburgischen Kreises ernannt. Er starb am 22. Dezember 1799 in St. Petersburg und wurde auf dem Smolensker Lutherischen Friedhof begraben. Leider ist sein Grabmal nicht erhalten geblieben.
Am 18. März 1800 wurde Johann Heinrich Busse (1763-1835), Hofrat und Bibliothekar der Akademie der Wissenschaften, zum Pastor gewählt. Während seiner Amtszeit wurde eine neue Kirchenschule aus Stein gebaut. 1804 kaufte die Gemeinde ein Holzhaus, 1806 ein Grundstück. 1810 wurde das Haus neben der Kirche errichtet. Der Platz vor der Kirche wurde neu angelegt und verschönert. Wegen dieser Bautätigkeit verschuldete sich die Kirche. Deshalb war sie 1819 gezwungen, zwei Häuser und ein Schulhaus zu verkaufen.
Im selben Jahr legte Pastor Busse sein Amt nieder, und am 24. August 1819 wurde Dr. August Friedrich Jahn (1775-1855) aus 6 Kandidaten zum Pastor gewählt. Er erarbeitete, zusammen mit anderen Pastoren, 1832 die Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche, die das Kirchenleben der russischen Lutheraner regelte. Während seiner Amtszeit wurde 1849 die Kirchenschule eingeweiht und eröffnet. Im Jahre 1832 wurde in der Kuppel der Kirche eine Uhr mit Schlagwerk installiert. Die neue Orgel wurde 1852 eingebaut.
Der Nachfolger von Pastor Dr. Jahn, Karl Lebrecht Bäckmann (1809 – 1879), war der erste Pastor, der nicht in Deutschland geboren war. Er engagierte sich stark auf sozialem Gebiet. Während seiner Amtszeit wurden Hilfsvereine für bedürftige Männer (1855) und für bedürftige Frauen (1875), eröffnet, sowie ein Witwenhaus (1860) und ein Waisenhaus (1871). W. Langwagen restaurierte 1859 das Gebäude und baute eine Empore in den Kirchensaal ein.
1875 beendete Pastor Bäckmann wegen einer Krankheit seinen Dienst in der Katharinen Kirche. Die Gemeinde wählte Pastor Reinhold W. Walter (1840-1909) zum Nachfolger. Zusammen mit Pastor Robert Fr. Hasenjäger (1834-1904) diente er an der Kirche. Sie gründeten 1877 eine Kinderkrippe. 1892 wurde die neue große Orgel von Walckereingebaut. Aufgrund einer Krankheit von Pastor Walter wurde das Amt durch Arthur Rheintahl (1863-1921) neu besetzt. Die Kirche wurde 1903 umgebaut und erhielt elektrisches Licht. 1910 zählte die Gemeinde 9000 Mitglieder. Während des Ersten Weltkrieges wurden viele Mitglieder nach Deutschland ausgesiedelt, ein Teil wurde an die Wolga verbannt.
Die Gemeinde und ihre Kirchenschulen
Seit ihrer Gründung hatte die Gemeinde mehrmals versucht, eine Kirchenschule zu gründen. Aber wegen Geldmangels waren die Pläne immer wieder gescheitert. Zunächst hatte im Jahre 1736 der Kantor und Protokollführer der Gemeinde Henning eine Schule gestiftet. Im Jahre 1803 wurde die neue steinerne Schule an der 2.Linie eröffnet. Aber schon 1819 wurde dieses Gebäude verkauft, um die Schuldenlast der Gemeinde zu beseitigen. Damit endete die Existenz der Schule. Erst im Jahre 1824 beschloss die Gemeinde, die Schule wieder zu gründen. Unter der Leitung von Rektor Dr. Pahl war sie in drei Klassen aufgeteilt worden und zählte ungefähr 300 Zöglinge.
Im Jahre 1837 beschloss die Gemeinde, ein Gymnasium auf der Wassilij Insel zu errichten, aber wegen Geldmangels konnte man erst 1848 mit dem Bau einer Waisenanstalt und einer Schule beginnen. Das Waisenhaus wurde am 16.Januar 1849 eingeweiht und eröffnet. Pastor K. Bäckmann arbeitete seit 1855 gleichzeitig als Geistlicher und Direktor der Schule. Er bemühte sich, die Schule zum Gymnasium umzugestalten. Im Jahre 1870 wurde Emil Otto zum Direktor der Schule gewählt. Während seiner 20-jährigen Amtszeit wurde ein neues Schulgebäude von Architekt Prof. J.Küttner gebaut und 1886 eingeweiht.
Die schweren Zeiten nach der Revolution
Infolge des Krieges verringerte sich die Zahl der Gemeindemitglieder. Nach den Ereignissen im Oktober 1917 litt auch die Lutherische Kirche unter den Verfolgungen des Staates. Mit dem Dekret vom 23.01.1918 erfolgte die Trennung der Kirche vom Staat und damit auch von der Schule. Außerdem wurde das gesamte Kirchenvermögen, also Gebäude, Geldkonten, Grundstücke usw., verstaatlicht. Alle Kirchenbücher wurden beschlagnahmt. So wurde die Kirche nicht nur bestohlen, ihr wurden sämtliche Rechte entzogen, damit sie keinen Einfluss auf die Jugend mehr ausüben konnte. Keiner der Kirchenangestellten konnte sich in Sicherheit wähnen. Die drakonischen Maßnahmen der Bolschewisten wurden von schändlicher antireligiöser Propaganda begleitet. Aus diesem Grund wurde die Zahl der Gemeindeglieder immer kleiner. Diejenigen, die es rechtzeitig schafften, flüchteten nach Deutschland. Nach dem Tod von Pastor Rheintahl arbeitete sein Kollege Arnold Frischfeld (1874 – 1932?) gleich in zwei Gemeinden: in St. Katharinen und in der St. Michael Gemeinde. Frischfelds Schicksal war tragisch: Seit 1929 hatten sich die Repressalien gegen die Kirche verstärkt. Ein neuer Angriff auf die Kirche hatte begonnen. Wütende antireligiöse Propaganda, Verhaftungen, Deportationen, Erschießungen von Pastoren, Steuereinziehungen, Massenenteignungen folgten. Im Dezember 1929 wurden fast alle Pastoren in Leningrad verhaftet und nach Solowki verbannt. Darunter auch Pastor Frischfeld.
Ab 1931 predigte Woldemar Wagner in der St. Katharinengemeinde. Er war ein Absolvent des Theologischen Seminars in Leningrad. Die Zahl der Gemeindemitglieder verringerte sich täglich. Im Frühling 1935 wurde Pastor Wagner als letzter Pastor verhaftet und nach Sibirien verbannt, ebenso wie viele Mitglieder der Kirchengemeinde. So wurde der Hirte geschlagen und die Schafe wurden zerstreut (Mt. 26,31), denn infolge des Mangels der Gemeindemitglieder schloss die Stadtverwaltung die Kirche am 1. August 1935. Die Altarbilder, Skulpturen usw. wurden in der Eremitage deponiert. 1937 wurden nochmals viele Gemeindeglieder erschossen, andere nach Sibirien verbannt. Ronald von Lingen lebte zum Beispiel 25 Jahre in der sibirischen Verbannung, Roland Retz war auf 30 Jahre verbannt. Fast die gesamte Familie Pemöller wurde erschossen.
Zuerst quartierte sich in der Kirche ein „Haus der künstlerischen Erziehung für Kinder“ ein. Das Kirchengebäude wurde glücklicherweise während des Krieges nicht zerstört. Nach Kriegsende mieteten verschiedene Konstruktionsbüros die Kirche. 1949 demontierte man den Altar und die Kanzel. Die Orgel wurde 1953 ins Mariinskij Theater verfrachtet, das Schicksal der Kanzel ist unbekannt. Seit 1972 befindet sich in der Kirche ein Tonstudio. Für dieses wurde zwar 1989 der Kirchensaal renoviert, das Gebäude jedoch wurde für eigene Zwecke umgebaut: Die Fenster wurden zugemauert, und im Altarraum wurde eine Aircondition installiert.
Der Glaube lebte aber in den Herzen der Gemeindemitglieder weiter. Heimlich wurde zu Hause die Bibel gelesen, und manche ließen sogar ihre Kinder taufen.
Neubeginn nach der Wende
Dank der Perestroika in der Sowjetunion wurde eine Wiedergeburt der Gemeinde möglich. Im Herbst 1988 wurde Josef Baronas aus Riga nach Leningrad geschickt. Herr Baronas war Prediger und Sekretär von Harald Kalnins, des Bischofs der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der UDSSR. Somit wurden wieder deutsche Gottesdienste in der finnisch-lutherischen Kirche in Puschkin gefeiert, die schon seit 1977 geöffnet war. Nach und nach sammelte sich um J. Baronas eine Gemeinde aus Deutschen, die die Repressalien überlebt hatten. Im Juni 1990 wurde die Verfassung der Deutschen Evang.-lutherischen Gemeinde für gültig erklärt; die Gemeinde konnte sich registrieren. Zum Vorsitzenden der Gemeinde wurde Herr Konstantin Sperling gewählt.
Der erste Gottesdienst in der St. Katharinen Kirche nach einer 55-jährigen Pause begann am 23. Dezember 1990 mit einer Kirchenprozession. Um 11 Uhr war die Kirche brechend voll. Es kamen Gemeindeglieder, die die Kirche noch vor ihrer Zwangsschließung kannten. An der Feier nahmen auch der deutsche, der schwedische und der amerikanische Konsul teil, sowie Deputierte und Vertreter der Orthodoxen und Katholischen Kirche. Seitdem finden regelmäßig Gottesdienste auf russisch, deutsch und lettisch statt.
Jedoch wurde infolge der spalterischen Tätigkeit von J.Baronas die Katharinen Gemeinde von den übrigen Lutheranern isoliert. Baronas rief die so genannte "Einheitliche Evangelisch-Lutherische Kirche Russlands" aus, die allerdings von keiner anderen Kirche anerkannt wurde. Als die Katharinen Gemeinde der ELKRAS beitrat, war diese Spaltung durch Gottes Hilfe überwunden.
In den Jahren nach der Neugründung gab es in der Gemeinde nur noch etwa 100 Mitglieder; einige waren gestorben, manche hatten sich anderen Gemeinden angeschlossen. Ca. 70% der Gemeindeglieder waren deutscher Abstammung. Trotz dieser kleinen Zahl wurden im Laufe von 12 Jahren mehr als 600 Menschen konfirmiert. Dank der Bemühungen des Kirchenratsvorsitzenden, Herrn K. Sperling, wurden die Kuppel und der Turm der Katharinen Kirche saniert. An Weihnachten 1995 hat Erzbischof Dr. G. Kretschmar das Kuppelkreuz, das authentisch wiederhergestellt wurde, geweiht.
Aus dem Gemeindeleben
Die Kinder der Gemeindemitglieder besuchten mit viel Spaß die Sonntagsschule, die von 1993 bis 2001 von Frau L. Golutwina geleitet wurde. Auch war in unserer Gemeinde ein Jugendkreis gegründet worden, um Jugendliche für die Kirche zu interessieren, besonders Kinder aus sozialschwachen Familien.
Die Gemeinde leistet auch diakonische Arbeit, die aus kostenloser medizinischer Hilfe und der Verteilung von Medikamenten besteht. Dr. Karl Sperling, Kirchenratsvorsitzener seit 1990, ist von Beruf Arzt. Dank der Unterstützung unserer Partnergemeinde St. Katharinen in Hamburg gibt es jetzt sogar eine medizinische Station in der Kirche.
1997 übergab die Stadtverwaltung das Kirchengebäude der Gemeinde zur unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung, allerdings unter der Bedingung, dass das Tonstudio solange in der Kirche bleibt, bis die Stadt ein Gebäude mit der gleichen guten Akustik bereitstellt. Die Gemeinde übernahm die Verantwortung für die Gebäudeunterhaltung. Ohne die Unterstützung der ausländischen Brüder und Schwestern könnten wir die vielfältigen Aufgaben nicht bewältigen. Die Pastoren und der Organist haben bis heute keinen Lohn für ihre Arbeit erhalten.
Der Kirchensaal von St. Katharinen hat eine einzigartige Raumakustik, die ideal dem Klang der Kammermusik entspricht. Der in ursprünglichem Zustand erhalten gebliebene Kirchsaal hilft den heutigen Konzertbesuchern, sich in die Atmosphäre des Petersburger XVIII Jahrhundert zu versenken. Vor 1917 besuchten Musikliebhaber aus der ganzen Stadt die St. Katharinen Kirche
Nachdem seit 1990 die Gottesdienste wieder stattfanden, wurden auch die allen zugänglichen Konzerte der Geistlichen Musik wiederbelebt. Heute erklingt hier in erster Linie Kirchenmusik: lutherische, katholische, orthodoxe, aber auch weltliche, vor allem instrumentale, Musik, die in Stil und Sprache der geistlichen Musik entspricht. Es spielen und singen hier die besten beruflichen Musiker und Chöre, bzw. Kirchenchöre aus St. Petersburg, Russland, Estland, Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Schweden, Norwegen, den Niederlanden, und aus den USA. Das Repertoire besteht meistens aus wenig bekannten und selten, oder niemals aufgeführten Werke des russischen und des europäischen Barock, wie z. B. Werke von Giovanni da Palestrina, Henry Purcell, Heinrich Biber, Nicolaus Bruhns, Dmitri Bortnjanski. Die St. Katharinen Kirche ist der einzige Ort in St. Petersburg, an dem alte Musik in so genannter authentischer Manier regelmäßig erklingt. Die Musikanten spielen in echter historischer Spielmanier auf historischen oder präzis nachgearbeiteten Musikinstrumenten.
Dank der Bemühungen des Kirchenvorstehers und Organisten Herrn G. Warschawskij, und mit Unterstützung der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern hat die Firma Sauer eine neue Orgel für die Kirche gebaut. Erzbischof Kretschmar weihte sie am 28.11.1998 in einem feierlichen Gottesdienst ein. Diese Orgel ist heute die größte Orgel mit mechanischer Traktur in der Stadt. Durch sie wurden die Möglichkeiten, geistliche Musik aufzuführen, stark erweitert.